Landwirtschaftlich genutzte Moorböden – Die Wiedervernässung von morgen braucht Moorboden-Schutz schon heute

Von Thilo Tesing.

Thilo Tesing

Moore spielen für den natürlichen Klimaschutz eine wichtige Rolle. Im natürlichen Zustand beheimaten sie seltene Tier- und Pflanzenarten, speichern große Mengen Wasser in der Landschaft und gehören zu den effektivsten Kohlenstoffspeichern der Erde. Trocknen Moore dagegen aus, verlieren die moortypischen Arten ihren Lebensraum und die Fläche entwickelt sich vom Kohlenstoffspeicher zum CO₂-Emittenten. In Deutschland sind über 90 % der Moore trockengelegt, häufig um die Fläche landwirtschaftlich zu nutzen. Sie verursachen in diesem Zustand ca. 7 % der nationalen Treibhausgas-Emissionen. Eine weitere Degradation der Flächen wäre aus verschiedenen Gründen höchst problematisch. Der Beitrag geht deshalb der Frage nach, ob und wie landwirtschaftlich genutzte Moorböden derzeit geschützt sind.

Die Ausgangslage

Die Wiederherstellung von Mooren birgt ein beachtliches Potenzial für den Klima- und Biodiversitätsschutz und ist deshalb – wie die Nationale Moorschutzstrategie und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz belegen – politisch gewollt. Zugleich ist sie extrem konfliktträchtig, denn die Eigentümer:innen der betroffenen Flächen werden diese nach einer Wiedervernässung, die zur Wiederherstellung erforderlich ist, nicht wie gewohnt nutzen können. Flächeneigentümer:innen stehen einer Wiedervernässung daher oftmals skeptisch gegenüber.

Bis tatsächlich großflächig Wiedervernässungsprojekte starten, gilt es deshalb, eine weitere Degradation der Moorböden zu verhindern, die z. B. durch eine Nutzungsintensivierung eintreten kann. Denn je stärker Moorböden degradiert sind, desto höher sind einerseits die Emissionen von Treibhausgasen (THG) aus diesen Böden und desto unwahrscheinlicher ist es andererseits, durch Wiedervernässung ein kohlenstoffspeicherndes Moor wiederherstellen zu können (Timmermann et al., S. 59 ff.).

Moorbodenschutz – schon heute eine gesetzliche Notwendigkeit

Bereits heute ist die Wiedervernässung von Mooren in Deutschland rechtlich quasi unumgänglich. Zwar gibt es (noch) keine Vorschrift, die ganz konkret die Wiedervernässung von Mooren zwingend vorschreibt. Allerdings steht zu erwarten, dass die Europäische Union mit der Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (NaWi-VO) – über die auf diesem Blog bereits berichtet wurde – zwingende Zielvorgaben für die Vernässung landwirtschaftlich genutzter Moorflächen einführen wird, vgl. Art. 11 NaWi-VO. Ob und in welcher Form die NaWi-VO letztlich in Kraft tritt, bleibt jedoch abzuwarten.

Mittelbar ergibt sich die Notwendigkeit zur Wiedervernässung aber aus dem Klimaschutzgesetz des Bundes (KSG). § 3a Abs. 1 KSG schreibt vor, dass der Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ eine negative Emissionsbilanz aufweisen muss. Anders ausgedrückt: dieser Sektor muss mehr THG aus der Atmosphäre entfernen, als er ausstößt. Nach den Emissionsdaten des Umweltbundesamts (UBA) für das Jahr 2022 war das im Jahr 2022 zwar schon der Fall; der Sektor entzog der Atmosphäre in der Gesamtbilanz 1,82 Mio. t CO₂-Äquivalente (S. 34 des UBA-Kurzberichts). Das für 2030 vorgesehene Ziel, mindestens 25 Mio t. CO₂-Äquivalente zu entziehen, liegt aber noch in weiter Ferne. Und dieses Ziel wird nur zu erreichen sein, wenn die Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Moorböden sinken. Bis zum Jahr 2045 sollen die Negativ-Emissionen sogar auf 40 Mio t. CO₂-Äquivalente steigen. An der Wiedervernässung von Moorböden kommt man daher nicht vorbei (so in Bezug auf die Pariser Klimaziele Abel et al., S. 9). Vor diesem Hintergrund kann man sich auch eine weitere Degradation der Moorböden inklusive steigender Emissionen und sinkenden Wiedervernässungspotenzials nicht leisten. Das KSG verlangt also implizit sowohl die Wiedervernässung als auch den Schutz von Moorböden.

Moorbodenschutz steuern – wie verhindert der Gesetzgeber die weitere Degradation von Moorböden?

An diese Erkenntnis schließt sich die Frage an: Welche Mittel setzt der Gesetzgeber ein, um (landwirtschaftlich genutzte) Moorböden vor einer weiteren Degradation zu schützen? Und sind diese Mittel effektiv? Derzeit finden sich in agrarrechtlichen Vorschriften vor allem zwei Ansätze, um die weitere Degradation landwirtschaftlich genutzter Moorböden einzudämmen.

Ordnungsrechtliche Steuerung – Gute fachliche Praxis und Grünlandumbruchverbote

Ein Ansatz besteht darin, die weitere Degradation von Moorböden einem Verbot oder jedenfalls einem Zulassungserfordernis zu unterwerfen. So gehört es nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu den sog. Grundsätzen der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, auf „Moorstandorten“ einen Grünlandumbruch zu unterlassen. Doch was ist die Folge, wenn sich ein:e Landwirt:in nicht an diesen Grundsatz hält? Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) führt ein Verstoß „nur“ dazu, dass der Grünlandumbruch nicht das Privileg des § 14 Abs. 2 BNatSchG genießt. Der Grünlandumbruch auf Moorstandorten wäre also ein „normaler“ Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG, der ggf. auszugleichen (§ 15 BNatSchG) und zu genehmigen (§ 17 Abs. 3 BNatSchG), nicht aber per se verboten ist. Aus diesen (und weiteren) Gründen wird der Vorschrift daher zu Recht eine Steuerungswirkung abgesprochen (SRU, Sondergutachten 2002, S. 133; Möckel, ZUR 2015, S. 555 (560)).

Die Bundesländer haben deshalb z. T. verschärfte Regelungen eingeführt. So verbieten beispielsweise das niedersächsische und das bayerische Naturschutzgesetz den Umbruch von Grünland auf Moorstandorten ausdrücklich (§ 2a Abs. 2 NdsNatSchG, Art. 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BayNatSchG). Mithilfe dieses Hebels ist es den Behörden möglich, Umbrüche zu untersagen und ggf. rückgängig machen zu lassen.

Völlig uneingeschränkt ist dagegen bisher die Nutzung von Moorböden als Acker möglich. Zwar lässt § 5 Abs. 2 BNatSchG diesbezüglich durchaus die Interpretation zu, eine solche Nutzung verstoße gegen die Grundsätze der guten fachlichen Praxis. Jedoch entfaltet die Vorschrift in der Praxis keine entsprechende Wirkung (s. o.).

Förderrechtliche Steuerung – Direktzahlungen und ihre Verknüpfung mit ökologischen Zielen

Das Ordnungsrecht bietet somit nur eingeschränkt Möglichkeiten, Moorböden vor einer weiteren Degradation zu schützen. Daneben tritt jedoch gerade im Fall der Landwirtschaft auch die Möglichkeit, das Verhalten der Landwirt:innen ökonomisch, d. h. über Regelungen im Agrarförderrecht zu steuern – immerhin zählte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Jahr 2022 315.000 Begünstigte bei einem Fördervolumen von 7 Mrd. Euro.

Die Förderung erhalten Landwirt:innen jedoch nicht bedingungslos. Vielmehr müssen sie bestimmte Anforderungen aus dem Unions- sowie dem nationalen Recht einhalten. Erhalten Landwirt:innen beispielsweise Direktzahlungen nach der VO (EU) 1307/2013, dann müssen sie bestimmte Standards erfüllen, um ihre Flächen in einem sog. guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (kurz: GLÖZ) zu erhalten. Im Falle eines Verstoßes gegen diese Standards können die nationalen Aufsichtsbehörden die Förderung kürzen oder streichen, vgl. Art. 91 i. V. m. Art. 99 VO (EU) 1306/2013. Das Agrarförderrecht knüpft also die Förderung daran, dass Landwirt:innen ökologische Standards einhalten. Dieser Mechanismus wird auch als „Konditionalität“ bezeichnet. Die GLÖZ-Standards sind wiederum im nationalen Recht im GAP-Konditionalitäten-Gesetz (GAPKondG) und der dazugehörigen Verordnung (GAPKondV) geregelt.

Genau dort finden sich auch moorschützende Vorschriften: § 11 GAPKondV definiert zunächst, was mit dem Begriff „Moor“ überhaupt gemeint ist. Die Vorschrift stellt dabei nur auf den Kohlenstoffgehalt des Bodens ab, sodass auch entwässerte Moorböden ein „Moor“ in diesem Sinne darstellen können.

10 GAPKondG schützt sodann Grünland auf entwässerten Moorböden, indem die Vorschrift verbietet, dass solche Flächen umgewandelt oder gepflügt werden (Abs. 1). Sie bleibt jedoch – im Gegensatz zum Ordnungsrecht – an diesem Punkt nicht stehen. Sie verbietet vielmehr in Abs. 2 weitere Eingriffe auf allen landwirtschaftlichen Flächen, die als Moor gelten. Untersagt sind danach Eingriffe in das Bodenprofil mit schweren Baumaschinen, eine Bodenwendung tiefer als 30 cm oder eine Auf- bzw. Übersandung – allesamt Maßnahmen, die sich negativ auf die Emissionsbilanz sowie das Wiedervernässungspotenzial der Fläche auswirken.

Dass der Gesetzgeber im Agrarförderrecht entsprechende Schutzstandards festgeschrieben hat, ist begrüßenswert. Dennoch weist auch dieses Steuerungsinstrument verschiedene Schwächen auf: Zum einen gelten die Standards nicht für alle, sondern nur für solche Landwirt:innen, die Direktzahlungen erhalten. Zum anderen hängt die Einhaltung der Standards vor allem von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Lässt sich im Einzelfall durch eine Nutzungsintensivierung ein Gewinn erzielen, der höher ist als die zu befürchtende Sanktion? Falls ja, werden sich Landwirt:innen sicher überlegen, ob sie es sich leisten können und wollen, die GLÖZ-Standards einzuhalten.

Fazit und Ausblick

Das KSG und (ggf.) die NaWi-VO fordern für die Zukunft einen engagierten Schutz und die Wiederherstellung von Mooren als Kohlenstoffspeicher und Lebensraum. Will man die Wahrscheinlichkeit erhöhen, die Ziele des KSG und der NaWi-VO erreichen zu können, muss schon heute die weitere Degradation von Moorböden verhindert werden.

Sowohl die ordnungsrechtlichen als auch die ökonomischen Steuerungsinstrumente weisen in dieser Hinsicht Schwächen auf. Das Ordnungsrecht auf der einen Seite ist auf Bundesebene zu unbestimmt und kaum vollzugstauglich, während das Agrarförderrecht zwar konkreter ist, allerdings nicht universell gilt und bei Verstößen lediglich finanzielle Sanktionen vorsieht. Ein Schritt in Richtung eines besseren Moorbodenschutzes wäre es, die im Agrarförderrecht geltenden Anforderungen in das Ordnungsrecht zu überführen, um diese, falls nötig, auch mit Mitteln des Ordnungsrechts durchsetzen zu können (Köck, ZUR 2019, S. 67 (72)). Zugleich sollte die Förderung wiederum an das Einhalten der ordnungsrechtlichen Standards geknüpft sein (Möckel, ZUR 2014, S. 14 (15)). Ob sich diese Forderung tatsächlich politisch umsetzen lässt, bleibt offen – sie ist jedenfalls bisher offenbar auf taube Ohren gestoßen.

Thilo Tesing ist Assessor und Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand im BMBF-geförderten Kompetenznetzwerk Zukunftsherausforderungen des Umweltrechts (KomUR) am Lehrstuhl für Öffentliches Recht von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner an der Universität Bonn.

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