Droht uns im Klimaschutzrecht eine klimawissenschaftliche Expertokratie? – Die Rolle von Klimaklagen und Gerichten bei der Wissensintegration im Klimaschutzrecht

Von Till Arne Storzer.

Das Klimarecht ist seit jeher auf außerrechtliches Wissen angewiesen. Im Klimaschutzrecht findet Wissen vor allem durch Berichte des Expertenrats für Klimafragen, des Umweltbundesamts und des Weltklimarats Eingang ins Recht. Aber auch das Phänomen ‚Klimaklage‘ bringt die Wissenschaft in den Gerichtsaal und damit in die Nähe von politischen Entscheidungen. Verhilft diese Art der Prozessführung einer klimawissenschaftlichen Expertokratie zum Aufstieg? Der Beitrag antwortet und stellt dar, dass und wie auf außerrechtliches Wissen zurückgegriffen wird und welche Folgen damit verbunden sind.

A. Was ist eine Expertokratie?

Die Diskussion über die Rolle des Wissens im Recht und in der politischen Entscheidungsfindung aktualisierte sich vor allem in der Corona-Pandemie. Epidemiolog:innen traten täglich in den Nachrichten, in Talkshows und Podcasts auf. Wissenschaft wurde gesellschaftlich für jeden erfahrbar. In der Klimakrise zeichnet sich ein ähnliches Bild: Auch Klimawissenschaftler:innen sind der Öffentlichkeit nicht fremd. Vor allem die Expert:innen des Weltklimarats, dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), tragen Wissen öffentlichkeitswirksam in die Gesellschaft. Diese (Omni-)Präsenz weckt bei manch einem den Eindruck, als wären nicht Politiker:innen, sondern diejenigien mit dem meisten Wissen, die Entscheider:innen. So gefährdet etwa nach Alexander Bogner die „Epistemisierung des Politischen“ die Demokratie, sobald das Wissen das Suchen nach Kompromissen dominiere. Wäre dem so, würde sich die Demokratie zunehmend zu einer Expertokratie wandeln. Eine Expertokratie wäre dann gegenwärtig, wenn Entscheidungen bloß auf der Grundlage einer umfassenden Wissensbasis getroffen würden und der demokratische Prozess dabei unterlaufen werde. Legislative Entscheidungen wären dann nicht als Politik erkennbar und würden sich auch kaum demokratisch verantworten lassen. Im Grundsatz gilt: Expertise begleitet, aber legitimiert keine politische Entscheidung.

B. Die Rolle der Klimaklagen und Gerichte in der Wissensintegration

I. Klimaklagen und Wissensintegration

Klimaklagen wollen dazu beitragen, den Klimawandel rechtlich zu operationalisieren. Ein individuelles Rechtsschutzsystem hat mit dem kollektiven Klimaschutz so seine Schwierigkeiten. Um aus dem status quo herauszukommen, zielen Klimaklagen daher auf Rechtsfortentwicklungen, indem sie die Gerichte nach den Auswirkungen des ubiquitären Klimawandels in den Individualrechten suchen lassen. Hierfür ist der Rechtsweg Mittel und Ziel zugleich. Klimaklagen wollen nicht nur mehr Klimaschutz, sondern auch Rügebefugnisse schaffen. Dafür erweitern sie die klimapolitische Diskussion um eine rechtliche Dimension. Auf dem Rechtsweg bedarf es allerdings Kausalitätsnachweise und Beweise. Um diese finden zu können, greifen Klimaklagende auf die Klimawissenschaft zurück. Nachfolgend drei Beispiele.

1. Lliuya vs. RWE

Im Fall Lliuya gegen RWE versucht ein peruanischer Bauer, RWE zur finanziellen Beteiligung am Bau eines Staudamms zu verpflichten. Das OLG Hamm machte dabei überraschend deutlich, dass Großemittierende (zumindest privatrechtlich teilweise) für den Klimawandel in Verantwortung genommen werden könnten. Im Beweisbeschluss vom 30. November 2017 forderte das OLG Hamm Gegenbeweis zu der Behauptung, dass der Mitverursachungsanteil von RWE mess- und berechenbar sei und er heute 0,47% betrage. Das Gericht folgt damit im Grundsatz dem klägerischen Vorbringen, das sich unter anderem auf die Studie des Carbon Majors Projekt aus dem Jahr 2014 stützt. Danach sei RWE seit der Industrialisierung für jene 0,47% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Laut dem Internetauftritt der Klägerseite ist die Klimaklage die erste Klage, die bewusst die Attributionsforschung vor Gericht testet.

2. Luftreinhalte-Verfassungsbeschwerde

Die jüngst eingereichte Verfassungsbeschwerde wegen möglicherweise unzureichenden Luftreinhalteschutzes testet ebenfalls die stärkere Bindung zwischen Wissenschaft und Recht. Die Beschwerdeführenden versuchen, die Bundesregierung dazu zu bewegen, Luftreinhaltegrenzwerte mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu synchronisieren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Feinstoffgrenzwert von 5 μg/m3 im Jahresmittel, Deutschland hat hingegen einen Wert von 25 μg/m3 in § 5 Abs. 1 der 39. BImSchV verankert. Noch weiter klafft die Lücke zwischen den gesetzlichen Stickstoffdioxidgrenzwerten und Ergebnissen der Wissenschaft. Die WHO empfiehlt hier eine maximale Belastung von 10 μg/m3 im Jahresmittel, in der 39. BImSchV ist jedoch ein Wert von 40 μg/m3 im Jahresmittel festgeschrieben (§ 3 Abs. 2).

3. Klima-Verfassungsbeschwerden

Am bekanntesten dürften die Verfassungsbeschwerden sein, auf die der Klimabeschluss (BVerfGE 157, 30) des BVerfG erging. Die erhobenen Verfassungsbeschwerden legten in ihren Beschwerdeschriften dem Gericht den Bezug zum CO2-Budgetansatz und den Berichten des IPCC nahe. So beginnt die Beschwerde aus dem Jahr 2018 (2 BvR 26556/18) auf knapp 30 Seiten mit der Darstellung der klimawissenschaftlichen Erkenntnissen unter anderem aus den IPCC-Berichten. Ähnlich betten die Beschwerdeschriften der ausländischen (1 BvR 78/20) und minderjährigen Beschwerdeführenden (1 BvR 96/20) sowie die der Inselbewohner:innen und Klimaaktivist:innen (1 BvR 288/20) den Sachverhalt in das wissenschaftliche Korsett der IPCC-Berichte ein. Das Ziel der Beschwerden war klar: Klimapolitik muss nicht nur an völkerrechtlichen Verpflichtungen, sondern auch an den klimawissenschaftlichen Erkenntnissen gerichtlich gemessen werden.

4. Zwischenfazit: Lernen durch Klimaklagen

Konfrontieren die Klimaklagen die Gerichte mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, zwingen sie diese zur Wissensfortbildung. Dies kann nicht verwundern, schauen wir uns die Satzungen der maßgebenden Akteur:innen hinter den Klimaklagen an. So zielt etwa die Deutsche Umwelthilfe gemäß § 2 Abs. 2 lit. l.) der Satzung oder Germanwatch gemäß § 2 Abs. 3 der Satzung auf die Förderung von Wissenschaft und Forschung. Ähnlich will Client Earth sicherstellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlagen des Rechts bilden. Dass sie dabei Erfolg haben können, zeigt der Blick darauf, wie Gerichte ihr Wissen generieren. Sowohl die Verwaltungsgerichte gemäß § 108 Abs. 1 VwGO als auch das BVerfG gemäß § 30 Abs. 1 BVerfGG entscheiden nach richterlicher Überzeugung. Diese Überzeugung bilden sie aus Erfahrungswissen wie dem außerprozessualen Wissen, aber eben auch dem Wissen gewonnen durch Parteienvortrag. Gibt der Parteienvortrag den eindeutigen Stand der Wissenschaft wieder, so lässt es die Gerichte lernen. Je mehr Wissen die Gerichte über den Klimaschutz haben, desto geringer ist die Lücke zwischen Realität und Recht. Anders gewendet: „Je breiter die darüber geschaffene Wissensbasis ausgestaltet ist, umso kleiner wird der Raum für Ungewissheit“ (Franzius, DVBl 2018, 410). Der Raum der Ungewissheit ist im nationalen Klimaschutz geschlossen worden. Durch die Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG im Klimabeschluss die Gutachten des IPCC und des Sachverständigenrat für Umweltfragen als tatsächliche Grundlage der Entscheidung definiert. Die Klimaklagen haben damit Wissen in die Judikative integriert, welches ihr einen einheitlichen Prüfungsmaßstab verleiht.

II. Wie gehen Gerichte damit um?

Am 24. März 2021 erhob das BVerfG den Klimaschutz endgültig und auf historische Art und Weise auf den Rang der Verfassung. In seinem Klimabeschluss orientierte er sich maßgeblich am CO2-Budgetansatz des IPCC, welchen der Sachverständigenrat für Umweltfragen für Deutschland operationalisierte. Dieses Budget wird zunächst nicht durch die Verfassung vorgezeichnet, sondern durch das Pariser Klimaschutzabkommen. Dessen Temperaturschwellen werden nun über Art. 20a GG durch § 1 Satz 3 KSG verfassungsrechtlich konkretisiert und justiziabler Bewertungsmaßstab. Mithilfe der quantifizierten Temperaturschwellen kann das Restbudget – wenn auch mit Ungewissheiten – definiert und Klimapolitik gemessen werden. Laufen Gerichte, die einer Entscheidung einen Sachbericht umfassend als Entscheidungsgrundlage zugrunde legen, Gefahr, den politischen Entscheidungsspielraum zu usurpieren?

1. IPCC-Berichte als anerkannte Einheitsbasis

Vorab gilt es zu bedenken, dass weder Politiker:innen noch Richter:innen Klimawissenschaftler:innen sind. Politische Willens- und Wissensbildung gestaltet sich in der Tat umfassender und demokratisch legitimierter. Bei Entscheidungen auf private Gutachten zu verweisen, würde gewiss also Fragen zur demokratischen Rückkopplung aufwerfen. Im Klimaschutz besteht allerdings die Besonderheit, dass die Wissensgenerierung und -sammlung nicht allein durch private Gutachten erfolgt. Sie wurde zu einem wichtigen Teil auf den IPCC ausgelagert und wird regelmäßig als Anlass nationaler Klimapolitik genommen. So heißt es beispielsweise in einer Antwort (S. 5) der Bundesregierung: „Aus Sicht der Bundesregierung geben die Aussagen des IPCC den weltweiten wissenschaftlichen Sachstand umfassend, ausgewogen und objektiv wieder.“ Bereits im Katowicer-Klimapaket erkannte Deutschland den IPCC als wissenschaftliche Einheitsbasis im Kampf gegen den Klimawandel an (Decision 1/CP.24, Rn. 24 ff.). Im Klimaschutzplan 2050 (S. 28) wurde diese Anerkennung stets betont. Weiter äußert sich die starke Konnexität zwischen Politik und IPCC-Bericht nicht zuletzt in dem Format der „Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger“. Deren Funktion ist mit der Bezeichnung selbsterklärend. Auch die Expertise des Sachverständigenrats für Umweltfragen ist ebenso wenig losgelöst von demokratischer Legitimation. Wenn auch weisungsunabhängig, ist der Sachverständigenrat 1971 durch Erlass der Bundesregierung ins Leben gerufen worden und seitdem gubernatives Beratungsgremium.

2. Rekurs auf IPCC-Berichte nicht kompetenzüberschreitend

Das BVerfG hat im Klimabeschluss gezeigt, dass es kein neues Wissen generiert. Das Gericht greift auf die von der Politik anerkannten Gutachten zurück. Ohne einen CO2-Budgetansatz, weder den des IPCC noch den des Sachverständigenrats, auf Verfassungsrang zu erheben, orientierte sich das BVerfG maßgeblich an beiden. Das Gericht wählte den Sachverstand freilich nicht beliebig, sondern betonte, dass der IPCC auch vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wie vom Umweltbundesamt genutzt wird (Rn. 16). Dabei hätte das Gericht den IPCC und den Bericht des Sachverständigenrats nicht zwingend beachten müssen. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur die Rechts-, sondern ebenfalls eine wirksame Tatsachenkontrolle (BVerfGE 129, 1, Rn. 68). Überdies schließt Art. 19 Abs. 4 GG eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche Feststellungen seitens anderer Gewalten aus (ebda.). So wäre es grundsätzlich denkbar gewesen, dass das BVerfG nach § 27a BVerfGG sachkundigen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gibt und daran die staatlichen Reduktionsmaßnahmen misst. Dabei ist aber eines entscheidend: Der Beurteilungsmaßstab muss sich als gefestigt erweisen. Das BVerfG urteilte im „Rotmilan“-Beschluss, dass Gerichten erst dann objektive Grenzen gesetzt sind, wenn es „in den einschlägigen Fachkreisen und der einschlägigen Wissenschaft an allgemein anerkannten Maßstäben und Methoden für die fachliche Beurteilung“ (BVerfGE, 149, 407, Rn. 20) fehlt. Ähnlich führte das BVerwG aus, dass „[w]enn und solange die ökologische Wissenschaft sich insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenen Planfeststellungsbehörde als „falsch“ und „nicht rechtens“ zu beanstanden“ (Az. 9 A 14.07, Rn. 65). Und hier besteht im Klimaschutz, genauer im IPCC-Bericht, die Einzigartigkeit. Ungeachtet der inhaltlichen Kritiken (dazu etwa Ekardt/Heß, ZUR 2021, 579 (584)) erweisen sich die IPCC-Berichte nicht nur wissenschaftlich, sondern auch politisch wie rechtlich als allgemein anerkannter Erkenntnisgeber. Der IPCC-Bericht ist eine Art Meta-Analyse sämtlicher einschlägiger Wissenschaft. Er trägt sämtliche klimawissenschaftliche Erkenntnisse zusammen, wertet sie aus und bereitet sie für politische Entscheidungsträger:innen auf. Die Aufgabe des IPCC ist es also explizit, den Handlungsrahmen der Klimapolitik wissenschaftlich zu konturieren.

Nehmen Gerichte nun umfassend auf seine Berichte Rekurs, so helfen sie nicht dabei, die Entscheidungsgewalt der Politiker:innen durch die Ergebnisse der Wissenschaftler:innen zu ersetzen. Das BVerfG betont im Klimabeschluss, dass die genaue Quantifizierung eines CO2-Restbudgets grundsätzlich im Bereich des gesetzgeberischen Wertungsspielraums verbleibt, wenngleich dieser nicht nach politischem Belieben ausgefüllt werden darf (Rn. 229). Grund dafür ist, dass die Irreversibilität des Klimawandels dem Gesetzgeber eine besondere Sorgfaltspflicht auferlegt, sodass das Recht „den aus einem qualitätssichernden Verfahren hervorgegangenen Schätzungen des IPCC […] Rechnung tragen [muss], wenn diese auf die Möglichkeit der Überschreitung der verfassungsrechtlich maßgeblichen Temperaturschwelle hinweisen“ (ebda.). Der Sachverstand des IPCC ist also aus Mangel an alternativen, qualitätssichernden Verfahren und seiner besonderen Stellung als Orientierungsmaßstab zu nutzen. Nicht mehr und auch nicht weniger. Konsequenterweise wies das Gericht die Verfassungsbeschwerden gegen die (unterbliebenen) Landes-Klimaschutzgesetze ab, da keine derartig qualitätssichernden Schätzungen und damit Orientierungsmaßstäbe den Landesgesetzgebern vorgegeben sind.

C. Fazit: Kohärenz statt Expertokratie

Dieser Orientierungsmaßstab ist nicht expertokratisch entstanden, sondern durch die Politik als Einheitsbasis im Kampf gegen den Klimawandel festgelegt worden. Klimaklagen und Gerichte rufen dies der Politik in Erinnerung, indem sie die Klimapolitik daran messen. Der Einbezug vom IPCC und des Sachverständigenrats ist daher weniger einer Entwicklung hin zur Expertokratie als vielmehr der staatlichen Kohärenz und Konvergenz im Klimaschutz zuzuschreiben. Ein identischer Orientierungsmaßstab ist für die Effektivität demokratischer Entscheidungsfindung von zentraler Bedeutung. Verfassungsgerichte und Verwaltungsgerichte sind im Kooperationsverhältnis mit dem Gesetzgeber für die Weiterentwicklung demokratischer Gesetze zuständig. Daher sollten sie mit demselben Maßstab operieren, wie es die Politik vorgibt zu tun. Denn in jeder Demokratie bedarf es epistemischer Wahrheit, mit der die Demokratie offen auf die Außenwelt reagieren kann (Gärditz, WissenR 2018, 244 (251)). Die Wissenschaft gilt es dabei freilich nicht zu überhöhen. Vielmehr muss sie fortlaufend demokratisch-politisch neu bewertet werden. Ob eine Neubewertung mit den Grundrechten vereinbar ist, fällt dann wiederum in den Aufgabenbereich der Gerichte. Diese fungieren dabei allenfalls als rechtsexpertokratisch (ebda. (262), aber nicht kompetenzüberschreitend. Dies gilt auch für das BVerfG mit Blick auf den Einbezug des IPCC. Es gilt hervorzuheben, dass das Gericht die Erkenntnisse des IPCC nicht verfassungsrechtlich fixierte und die Budgetgrößen nicht als zahlengenaues Maß für eine verfassungsrechtliche Kontrolle definierte. Das Restbudget kann verfassungsrechtlich eben nicht zahlengenau beziffert werden, sondern bloß flexibler Orientierungsmaßstab sein.

D. Handlungsempfehlung an den Gesetzgeber

Der Gesetzgeber wäre gut beraten, nicht nur seine politischen Absichten, sondern ebenfalls das Klimaschutzgesetz stärker an den Berechnungen des IPCC auszurichten. Als normative Erinnerung sollte hierfür nach dem Vorbild des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG eine wissenschaftliche und technische Generalklausel eingeführt werden, die sämtliche Maßnahmen aus dem Klimaschutzgesetz am „Stand von Wissenschaft und Technik“ ausrichtet. Damit wäre die Anwendung des Klimaschutzgesetz legislativ an die Wissenschaft rückgekoppelt. So kritisierte schon der Expertenrat für Klimafragen (S. 91 f.) die fehlende Transparenz und das Verfahren, auf welcher Grundlage die Reduzierung im KSG erfolgte. Die Verbindung zwischen IPCC und Klimaschutzgesetz könnte ein gestärkter Expertenrat gemäß § 11 Klimaschutzgesetz herstellen. Dieser könnte beispielsweise mit stärkeren Partizipationsrechten ausgestattet werden, die IPCC-Berichte für das Klimaschutzgesetz operationalisieren und sich stärker am britischen Committee on Climate Change orientieren. Diese Orientierung war ohnehin in der Gesetzesbegründung (S. 35) vorgesehen. Das britische Committee on Climate Change begleitet die staatliche Klimaschutzpolitik deutlich forcierter mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, als es dem Expertenrat mit seiner nüchternen Prüfungskompetenz möglich ist.

Till Arne Storzer ist Doktorand im Klima- und Umweltrecht und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei KPMG Law in Hamburg.

 

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