Tagungsbericht: Arbeitskreis Umweltrecht anlässlich der Jungen Tagung Öffentliches Recht

Von Lucas Hennicke.

Lucas Hennicke

Am 15. Februar 2022 startete wieder die – alljährlich an einer unterschiedlichen Universität im deutschsprachigen Raum ausgerichtete – Junge Tagung Öffentliches Recht (JTÖR, ehemals Assistententagung im Öffentlichen Recht). Dieses Jahr wird das Projekt von Mitarbeiter:innen der Universität Zürich gestemmt, findet allerdings wie bereits im letzten Jahr wegen der Corona-Pandemie in rein digitaler Form statt. Dieser kurze Tagungsbericht fasst das Treffen des Arbeitskreises Umweltrechts zusammen, das in diesem Rahmen erfolgte.

Es ist inzwischen Tradition, dass im Vorfeld des offiziellen Eröffnungsabends zur JTÖR Treffen der sog. Arbeitskreise stattfinden. Diese sollen eine Vernetzung und den fachlichen Austausch nach unterschiedlichen Themenschwerpunkten ermöglichen – in diesem Jahr in den Bereichen „Antidiskriminierung und Recht“, „Grundlagen“, „Recht und Politik“, „Umweltrecht“ und „Völkerrecht“. Der Arbeitskreis Umweltrecht wurde wieder auf Initiative des Jungen Forums Umweltrecht (JFU) organisiert und von Julia Hoffmann (ehem. Goethe-Universität Frankfurt a.M., inzwischen anwaltliche Tätigkeit) und Benedikt Huggins (Universität Heidelberg) moderiert. Die rege Teilnahme war sehr erfreulich und zeigte, dass der Bereich des Umweltrechts auch unter Nachwuchswissenschaftler:innen ein lebendiger ist.

Auch der Arbeitskreis griff das Tagungsthema der 62. JTÖR – Verantwortung und Recht – auf. Diesem näherte sich Caterina Freytag (Universität Bremen) zunächst in ihrem Vortrag aus Perspektive des Klimaschutzrechts. In dem Vortrag mit dem Titel „Naturbasierte Lösungen im Klimaschutzrecht – zugleich eine Anmerkung zu § 3a KSG“ befasste sie sich mit der Frage, was staatliche Verantwortungsübernahme im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Treibhausgas-Neutralität, verstanden als das Gleichgewicht von THG-Reduktion und THG-Entnahme, bedeute und wie die gesetzliche Favorisierung naturbasierter Lösungen in diesem Zusammenhang zu werten sei. Dabei nahm sie die Emissionsstruktur des Zieljahres 2045 genauer in den Blick und stellte klar, dass nur auf ein Minimum reduzierte Restemissionen überhaupt nachhaltig kompensiert werden können. Das in § 3a KSG geforderte Senkenausbauniveau stehe bei Trendfortschreibung zudem in Widerspruch zur prognostizierten THG-Bilanz des LULUCF-Sektors (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft). Angesichts einer intensivierten Holzentnahme, bei zeitgleich erheblichen – auch klimawandelbedingten – Waldschäden betonte sie die Notwendigkeit einer ökosystembasierten Bewirtschaftungswende, die aber keinesfalls zu einer Verringerung der Reduktionsbemühungen verleiten dürfe. Insofern sei eine kritische Auseinandersetzung mit Risiken, Grenzen und Möglichkeiten naturbasierter Lösungen notwendig. Die anknüpfenden Nachfragen griffen diese Ambivalenz der Funktion des Waldes auf und führten zu einer lebhaften Diskussion unter anderem über etwaige völkerrechtliche Bemühungen zum Schutz der Wälder und zu Auswirkungen der neuen Regierung auf die Klimaschutz- und Forstpolitik.

Unmittelbarer mit der Verantwortung von Nachwuchswissenschaftler:innen befasste sich die anschließende Diskussionsrunde der Teilnehmenden mit Ida Westphal. Nach Tätigkeiten beim Öko-Institut e.V. und der NGO ClientEarth begann sie ihre Promotion bei Prof. Dr. Baer an der Humboldt-Universität zu Berlin, in deren Rahmen sie das Umweltrecht aus einem geschlechtertheoretischen Blick betrachtet. Daneben engagiert sie sich im Vorstand des Vereins Lawyers for Future. Vor diesem Hintergrund war es spannend, mit ihr Fragen zur Vereinbarkeit gesellschaftlichen Engagements mit der wissenschaftlichen Arbeit nachzugehen. Gefragt wurde sie unter anderem, inwieweit die Tätigkeit in den NGOs die Wahl ihres Promotionsthemas beeinflusst habe, worauf sie antwortete, die Promotion sei auch eine Antwortsuche auf Fragen aus der Praxistätigkeit. In Folge der durch Benedikt Huggins einleitend gestellten Fragen entstand eine angeregte Debatte über die Notwendigkeit und Bedeutung einer Reflektion der eigenen Positionalität von Rechtswissenschaftler:innen sowie der Sichtbarmachung eigener Standpunkte und Vorbildung. Interessant war die Diskussion darüber, inwieweit Wissenschaftler:innen auch in der gesellschaftlichen Debatte für Gemeinwohlinteressen eintreten könnte, ohne dabei eine Deutungshoheit  über diese Interessen zu beanspruchen. Schließlich verschob sich der Schwerpunkt der Diskussion zur Frage, inwieweit Vorwissen nicht auch konstruktiv genutzt werden könnte, um die eigene Argumentation zu stärken. Ida Westphal betonte dabei, dass es die Argumentation auch im Sinne von Objektivität stärken könne, wenn man sich kritisch seines eigenen Vorverständnisses, aber auch etwaiger Leerstellen bewusst werde.

Anschließend stellte Lena Kohlrausch den hiesigen Blog vor und betonte, dass sich die Redaktion immer über neue Beiträge freut!

Im Anschluss rührte Ronja Altehenger die Werbetrommel für ein weiteres wichtiges „Event“ für Nachwuchswissenschaftler:innen im Umweltrecht: Die Promovierendenkonferenz im Umweltrecht (ProKUR) geht dieses Jahr in die fünfte Runde und wird von Mitarbeitenden der Universität Osnabrück in hybrider Form (digital und in Präsenz) ausgerichtet. Hier können sich vor allem Doktorand:innen zu ihren Promotionsvorhaben, aber auch zu anderen Projekten austauschen. Auch Werkstattgespräche sind wieder geplant. Wie gehabt soll die ProKUR im September stattfinden, der genaue Termin wird noch bekanntgegeben, u.a. über den Newsletter der JFU (Anmeldung unter: promovieren-im-umweltrecht[at]posteo.de).

Insgesamt zeigte der Arbeitskreis mal wieder, dass man als Nachwuchswissenschaftler:in im Umweltrecht keinesfalls so allein ist, wie es manchmal erscheinen mag, und dass der Austausch und die Vernetzung einen erfrischenden Blick über den Tellerrand erlauben.

Lucas Hennicke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energie-, Umwelt- und Seerecht (IfEUS) an der Universität Greifswald und promoviert im Bereich des Klimaschutzrechts.

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